Angie vs. Crazy Horst

CSU-Parteitag mit Merkel: Ein Duell auf offener Bühne

Die deutsche Kanzlerin kam zum Parteitag der CSU nach München, ließ aber die Forderung der Schwesterpartei nach Obergrenzen für Flüchtlinge an sich abprallen. CSU-Chef Horst Seehofer rächte sich mit einer Demütigung

Die Höhle des Löwen ist ganz in weiß-blau gehalten, und sie befindet sich in München. Dort, in einer großen Halle der Messe, zelebriert die CSU seit Freitag ihren Parteittag. Allerhöchster Besuch hat sich angekündigt: Angela Merkel persönlich. Es ist eigentlich eine gute Tradition, dass die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin bei Partreitagen der Schwesterpartei CSU auftritt, doch diesmal liegt seit Tagen Spannung in der Luft. Schließlich vertritt sie in der Asylpolitik eine konträre Linie zur CSU. Diese hat genug von Merkels offenen Türen und Grenzen, am Nachmittag hat sie bereits einen Leitantrag verabschiedet, in dem für Bürgerkriegsflüchtlinge ab 2016 eine Obergrenze gefordert wird – also genau das, was Merkel nicht will, da sie der Meinung ist, Asyl kenne keine Obergrenze Und Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hatte vom Rednerpult herab den Einheizer gemacht: „Wir brauchen keine Willkommenskultur, wir brauchen eine Vernunftkultur.“ Es war ein klarer Seitenhieb auf Merkel.

Merkel und Horst

Merkel Gesichtsausdruck vermittelt den Eidruck, als habe sie Essig getrunken. Doch sie betritt sogleich die Bühne und beginnt ihre Rede und erklärt: „Ich bin heute gerne zur Ihrem Parteitag gekommen.“ Sie dankt den Polizistinnen und Polizisten, den freiwilligen Helfern, den Soldaten, den Landräten, den Bürgermeistern, der bayerischen Staatsregierung und Seehofer, die dazu beitragen, den Zustrom der Flüchtlinge zu „ordnen und zu steuern“.

Doch es nützt ja nichts – jetzt muss Merkel auf jenes Thema zu sprechen kommen, auf das alle warten. Also zählt Merkel zunächst einmal auf, was sie alles tue, um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren: Sich für Hotspots in Griechenland sowie Italien stark machen, für eine faire Verteilung der Flüchtlinge eintreten, für schnellere Abschiebungen sorgen, wenn jemand keine Bleibeperspektive habe. Und dann sagt sie den entscheidenden Satz: „Mit diesem Ansatz, so die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, schaffen wir es im Unterschied zu einer einseitig festgelegten nationalen Obergrenze im Interesse aller zu handeln.“

Keine Hand regt sich, immerhin wird aber auch nicht gepfiffen. Dann greift Merkel auf Beschwörungsformeln zurück. Deutschland komme bei der Bewältigung dieser Krise „entscheidende Verantwortung“ zu, sagt sie. Und: „CDU und CSU haben die großen Wegmarken in der Geschichte unseres Landes geprägt. Wir haben alle Voraussetzungen, auch die aktuellen Herausforderungen zu meistern, die jetzt vor uns liegen.“ Es gibt Applaus, aber er bleibt höflich-kühl und zurückhaltend.

Natürlich muss Seehofer das letzte Wort haben, es ist ja auch „sein“ Parteitag. Als Merkel fertig ist, steigt er auf die Bühne, und dann kommt die Retourkutsche – noch während die Kanzlerin auf der Bühne neben ihm, also voll in der Auslage, steht. „Wir sind der festen Überzeugung, dass diese historische Aufgabe von Integration von Flüchtlingen in unser Land nicht auf Dauer zu haben sein wird, wenn wir nicht zu einer Obergrenze kommen.“ Bravo Rufe der Delegierten und es folgt langer und lauter Applaus für Seehofer. Die gedemütigte Merkel schaut ins Leere und wirkt neben Seehofer wie eine abgekanzelte Schülerin. Der legt nach und sagt: „Wir haben die große Bitte und Forderung, dass wir weiter über Obergrenzen reden.“ Dann fügt er hinzu: „Wir werden uns noch verständigen, wir sehen uns zu diesem Thema wieder“ – und es klingt wie eine Drohung. Zum Schluss gibt es von „Crazy Horst“ noch einen Blumenstrauß für Merkel und eine Empfehlung: „Du hast immer gesagt, Angela Merkel und Horst Seehofer finden immer eine Lösung. Wenn das Dein Motor für die nächsten Wochen ist, bist Du wieder herzlich eingeladen.“ Merkel allerdings schaut nicht so aus, als würde sie sich darüber freuen.

Wer nun von beiden liegt mit seiner Haltung oder wer nicht, vermag ich nicht zu sagen, nur denke ich, man sollte schon über die Motive dieser außergewöhnlichen Politik von Merkel nachdenken. Sie wird entweder als eine Hellseherin und Lichtgestalt oder als eine bittere Versagerin in die Geschichte eingehen. Ich weiß nicht, ob sie lang gehegten persönlichen Idealen folgt, oder ob das ganze nur ein eiskaltes, geniales politisches Kalkül ihrerseits ist.

Vielleicht will sie mit ihrem Handeln die deutsche „Erbsünde“ aus der Welt schaffen oder den Deutschen eine Erziehungslektion erteilen. Nur, wenn sie glaubt, dass sie gerade durch diese harte Prüfung Europa zusammenschweißen kann liegt sie m.M.n. falsch.

 

Veröffentlicht von

Uwe

Bevor man unter den Torf kommt erlebt man einiges im Leben

10 Gedanken zu „Angie vs. Crazy Horst“

  1. Mit ihr hatte ich mich ja auch kürzlich beschäftigt: http://wp.me/p1VICa-wZ Hin und wieder ist sie mir sympathisch. Z.B. als sie *nicht* an der CSU-Heldenverehrung „100 Jahre Franz Jospef Strauß“ teilnahm, obwohl sie gerade in München weilte. Und sicher wusste sie, dass sie sich damit Sympathien bei Horst „verscherzt“.

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    1. Strauß, auch so ein Kracher. In den 80zigern war er in Leer, da wohnte ich noch dort. Ich habe ihn auf dem Pferdemarktplatz gehört. Ein Satz ist mir im Ohr geblieben. Wortlaut: “ Ihr seid nicht mehr als Apokalyptische Esel“! 🙂
      Leer war immer in SPD Hand, was er aber mit dem Satz aussagen wollte weiß ich bis heute nicht.

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